
Marketing Sales Alignment: So etablierst du eine umsatzstarke B2B-Vermarktungs-Einheit
Wenn sich der Umsatz oder das Unternehmenswachstum nicht wie gewünscht einstellt, brechen einige B2B-Entscheider neue Initiativen übers Knie, die leider oft keinen nachhaltigen Effekt erzielen.
Die wenigsten hinterfragen dabei, ob das eigene organisatorische Setup, die historisch eingefahrenen Strukturen und Denkweisen im Unternehmen in einem wettbewerbsintensiven Markt überhaupt noch konkurrenzfähig sind und erfolglose Initiativen vielleicht hierin begründet sind.
Doch gerade hier schlummern in vielen mittelständischen B2B-Unternehmen enorme Wachstumspotenziale.
In dieser Ausgabe meines Podcasts – Brain On First – zeige ich dir die Wachstumsrisiken, die sich in einer traditionellen Marketing- und Vertriebsorganisation ergeben, und wie du diese zukunftsorientiert aufeinander abstimmst, um deine Umsatzchancen nachhaltig zu verbessern.
Woran erkennst du, dass dein Marketing & Vertrieb nicht optimal zusammenarbeiten
„Sag mal, Chef, was macht eigentlich das Marketing so den ganzen Tag?
Wir haben hier Umsatzdruck, und Marketing malt bunte Bildchen.
Und die Lead-Qualität ist im Übrigen echt unterirdisch, und ich verschwende meine komplette Arbeitszeit mit Gesprächen uninteressierter Leads.
„Du, Chef, ständig kommen kurzfristige, höchstdringliche Manöverwechsel vom Vertrieb. Was ist eigentlich aus unserer Strategie geworden? Wir hören die ganze Zeit nur: Umsatz, Umsatz – aber vielleicht kümmert sich der Vertrieb mal besser um die Konvertierung unserer Leads. Unsere Akquisitionskosten sind top, aber die Abschlussraten des Vertriebs sind echt katastrophal.“
Kommen dir solche Aussagen irgendwie bekannt vor?
Wenn ja, dann steckst du wahrscheinlich mittendrin im Dilemma, und dein Marketing- und Vertriebsteam arbeitet nicht optimal miteinander – mit dem Ergebnis, dass du deine Wachstumspotenziale nicht komplett ausschöpfst.
Es existiert sogar ein offizieller Ausdruck für dieses Phänomen: das sogenannte „Marketing-Sales-Misalignment“. Also wenn dein Marketing- und Vertriebsteam nicht optimal aufeinander abgestimmt bzw. schlecht synchronisiert ist und keine gemeinsame Marktbearbeitungsstrategie verfolgt.
Auch wenn du möglicherweise gerade die gleichen Erfahrungen machst, gibt es an dieser Stelle eine gute Nachricht:
Du hast ggf. spätestens jetzt erkannt, dass es bei dir genauso läuft, und erhältst heute einen kleinen Leitfaden von mir, wie du dich für die Zukunft besser aufstellen kannst.
Außerdem bist du mit diesem Problem auch überhaupt nicht allein. Denn laut Marktstudien hat über die Hälfte des B2B-Mittelstands das Problem, dass Marketing und Vertrieb nicht optimal zusammenarbeiten. Und die meisten wissen nicht mal davon.
Laut dieser Studie ist die Auflösung des Marketing-Sales-Misalignments aber auch einer der größten internen Wachstumshebel überhaupt.
Es ergeben sich enorme Potenziale, die sich positiv auf den Umsatz auswirken. Unternehmen berichten sogar von bis zu 200 % mehr Umsatz, wenn sie Marketing- und Vertriebsinitiativen sowie Prozesse optimal aufeinander abstimmen und gemeinsam die Marktbearbeitung angehen.

Jetzt prüfst du sicherlich gerade innerlich ab, ob deine Marketing- und Vertriebsorganisation optimal zusammenarbeitet, und beantwortest dir die Frage selbstbewusst mit „Ja – aber selbstverständlich“.
Aber wie äußert sich ein Marketing-Sales-Misalignment überhaupt, und welche Auswirkungen entstehen dadurch?
Mit einer etwas überspitzten Darstellung möchte ich dir nun ein paar Anhaltspunkte bieten, anhand derer du selbst prüfen kannst, ob dein Marketing- und Vertriebsteam vielleicht besser aufeinander eingestellt werden kann oder nicht.
Die starke Vormachtstellung des Vetrieb im B2B-Mittelstand
Versetze dich also in folgende Situation: Dein B2B-Unternehmen hat eine traditionell ausgerichtete Vertriebsorganisation. Der Vertrieb hat alleinige Umsatzverantwortung, und es herrscht das Narrativ, dass der Vertrieb die „Lokomotive“ des Unternehmens ist. Denn der Unternehmenserfolg ist schließlich maßgeblich von der Leistung des Vertriebs beeinflusst.
Durch diese direkte, ergebnisbezogene Position hat der Vertrieb eine dominante Vormachtstellung im Unternehmen. Alles hat dem Vertrieb zu folgen.
Wenn der Vertrieb ruft, hat das oberste Priorität.
Die Marketingabteilung hingegen wird im Unternehmen eher als reine Kostenstelle wahrgenommen.
Solch ein klassisches Setup ist in vielen mittelständischen B2B-Unternehmen nicht unüblich. Häufig ist das Marketing sogar der Vertriebsleitung unterstellt und mit wenigen Personen besetzt, die für einen bunten Blumenstrauß an Marketingaufgaben verantwortlich sind.
Das Marketing verkommt dann häufig zur internen Werbeagentur des Vertriebs, die auf Zuruf die nächste Messe plant, Salesfolder gestaltet, Presseartikel auf der Website veröffentlicht und die Company-News auf Social Media postet.
Die Marktbearbeitung ist dann maßgeblich vertriebsgesteuert, eher operativer Natur, wenig strategisch, vielmehr kurzfristig und taktisch. Das Neukundengeschäft ergibt sich dann häufig über das Vertriebsnetzwerk, Empfehlungen, den alljährlich gebuchten Messauftritt oder über die Kaltakquise.
Die Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb definiert sich maßgeblich über den Support des Vertriebs und der Sachbearbeitung nach dessen Vorgaben.
Der Vorteil an diesem Setup ist, dass es eine klare Verantwortlichkeit und operative Marschrichtung für die Maßnahmen gibt, und sofern sich der Umsatzerfolg unter dieser Führung nicht einstellt, es einen klaren Adressaten gibt, an den man sich dann wenden darf.
Man könnte sogar unter diesem Umstand davon sprechen, dass Marketing und Vertrieb optimal zusammenarbeiten – wenn Verantwortlichkeiten, Aufgaben, Arbeitsweisen, Ansprüche und Know-how geklärt sind und dieses Setup dann den gewünschten Business-Impact liefert.
Wenn der Umsatz also kommt, ist alles gut.
Von der internen Agentur zum Businesstreiber: Der neue Anspruch an das B2B-Marketing
Allerdings haben sich Anspruch und Aufgaben des B2B-Marketings in den vergangenen Jahren radikal verändert.
Die Gründe liegen hierbei im veränderten Informations- und Kaufverhalten der B2B-Kunden, der Verlagerung in digitale Kanäle und dem massiv gestiegenen Wettbewerb – mit dem Ergebnis, dass die Vertriebseinheit nun stärker unter Druck gerät, Kunden nicht mehr so leicht gewonnen werden können und Unternehmen zum Umdenken gezwungen werden.
Themen wie Digitalisierung, digitales Marketing oder digitaler Vertrieb, KI, Leadgenerierung, Social Selling haben Konjunktur.

So haben u. a. Performance-Marketing, CRM, Marketing-Automatisierung und Social Media in mittelständischen B2B Unternehmen zusätzlich zu den bereits bestehenden Aufgaben Einzug gehalten. Alles mit dem Ziel, das Neukundengeschäft anzukurbeln und den Vertrieb mit wertvollen Leads zu versorgen.
Allerdings haben sich aufgrund der fehlenden Erfahrung und des fehlenden Know-hows im Unternehmen die notwendigen organisatorischen Strukturen und das Mindset nicht immer mit etabliert. Das Marketing verbleibt, sei es nun als eigenständige Abteilung oder nach wie vor unter der Führung der Vertriebsleitung, in der starken Hand des Vertriebs.
Wenn jetzt der erhoffte Umsatzerfolg ausbleibt, ist das der optimale Nährboden für Missmut, Vertrauensverluste, Fingerpointing und Frust für das gesamte Unternehmen.
Aber noch mal einen Schritt zurück:
Woran genau erkennst du jetzt, dass dein Marketing und Vertrieb nicht an einem Strang ziehen, und welche Auswirkungen hat das unmittelbar auf dein Geschäft?
Mal ein paar Beispiele:
Die größte Reiberei zwischen Marketing und Vertrieb ist die ständige Diskussion um mehr Unterstützung und mehr Leads. Dabei steht auch nicht selten die Qualität der Leads unter Beschuss.
Fragt man mal nach, kann in den seltensten Fällen überhaupt richtig artikuliert werden, was Lead-Qualität überhaupt bedeutet, oder es herrscht eine unterschiedliche Vorstellung darüber.
Also: Mit welchen Attributen ist denn ein qualitativ hochwertiger Lead überhaupt ausgestattet? Wie wird die Qualität gemessen und bewertet? Herrscht Übereinkunft über die Merkmale, und was bedeutet das im Umkehrschluss für meine Marketing- und Vertriebsarbeit?
Häufig wird marketingseitig proaktiv mit der Erstellung von Buyer Personas reagiert, um Klarheit in diese Diskussion zu bringen und eine Grundlage für die zukünftige Marktbearbeitung zu schaffen. Doch die erstellten Buyer Personas reflektieren entweder nicht das reale Kundenbild oder das erwünschte Idealbild, das der Vertrieb von seinen Kunden hat.
Fragt man den Vertrieb mal nach seinem idealen Kunden, sind Äußerungen wie: „Je größer der Kunde, desto besser“ oder „Jeder zahlende Kunde ist ein guter Kunde“ oder noch besser: „So was wie Apple“ nicht unüblich.
Verheerende Auswirkungen auf die Marktbearbeitung
Aufgrund des nicht klaren oder – viel schlimmer – des unterschiedlichen Bildes des Ziel-Kunden, werden vom Marketing nun Kampagnen und Inhalte produziert, die den vermeintlichen echten Kunden gar nicht richtig erreichen und ansprechen.
Statistiken zufolge beschweren sich ca. 57 % aller Vertriebsmitarbeiter über die vom Marketing erstellten Inhalte und Verkaufsmaterialien, die sie als irrelevant und wenig ansprechend empfinden.

Dieses Problem ist allerdings noch viel weitreichender und erstreckt sich darüber hinaus auf die gesamte Customer Journey und Lead-Nurturing-Kampagnen. Also genau die Kampagnen, die eigentlich dazu führen sollen, die generierten Leads mit relevanten Informationen zu versorgen, sodass sie als kaufinteressierte Opportunities an den Vertrieb überführt werden können.
Interessant ist auch, dass laut einer Umfrage sich über 50 % der Vertriebsmitarbeiter generell nicht mit der Customer Journey auseinandersetzen und glauben, dass diese irrelevant für ihre Vertriebsarbeit und den Verkaufsabschluss sei.
Spannend … also die Inhalte, die der Kunde auf seiner Informationsreise nutzt, um eine Kaufentscheidung zu treffen und welche die Kaufbereitschaft für dein Produkt erhöhen sollen, interessieren den Vertrieb nicht?
Wenn sich dein Unternehmen also auf die Fahne schreibt, den Kunden in das Zentrum aller Anstrengungen zu stellen, dann ist doch genau das das Resultat mangelnder Kundenzentrierung – und führt automatisch zu schlechteren Abschlussquoten und somit weniger Umsatz.
Solch eine Sichtweise führt geradewegs zur Fragmentierung der Verantwortlichkeiten und fördert die Wahrnehmung, dass Marketing ausschließlich für die Lead-Generierung verantwortlich ist und der Vertrieb alleine den Abschluss und das Umsatzergebnis verantwortet.
Somit entsteht fast automatisch ein Silo-Denken in den Abteilungen, das wenig gemeinsame Interessen und Ziele fördert.
Interessant ist in diesem Kontext, dass der Großteil der Marketer meint, dass die Lead-Generierung (also ihr Verantwortungsbereich) maßgeblich relevant für das Unternehmensergebnis ist, hingegen der Vertrieb das Closing benennt.
Unterschiedliche KPIs zur Leistungsbewertung
Eine weitere Ausprägung, an der du erkennst, dass Marketing und Vertrieb in separaten Silos arbeiten, ist die Heranziehung unterschiedlicher KPIs zur Bewertung der Leistung und Erfolge.
Wenn für den Vertrieb die persönlichen Umsatzzahlen, Margen, die Pipeline und Deals wichtig sind, sind es für das Marketing z. B. Interaktionen mit dem Social-Media-Post oder der Cost per Lead.
Wenn Marketing ihre Erfolgsmetriken präsentiert, kann der Vertrieb häufig wenig damit anfangen, denn ihre Metriken sind harte umsatzbezogene KPIs, an denen sie auch bewertet werden.
Man muss an dieser Stelle aber auch ehrlich erwähnen, dass viele B2B-Marketer es leider nicht gewohnt sind, dass ihre Leistung auf Umsatzebene bewertet wird.
Aber woher soll es auch kommen, wenn jahrelang der Anspruch herrschte, bunte Bildchen für den Vertrieb zu malen, Social-Media-Posts abzusetzen und die alleinige Konvertierungsverantwortung beim Vertrieb lag.
Umsatzgetriebene B2B-Marketer hingegen wollen natürlich ihren Einfluss auf den Umsatz auch geltend machen.
Das große Problem dabei ist allerdings, dass die Nachvollziehbarkeit der gesamten Marketingmaßnahmen bis zum Umsatz aufgrund der längeren B2B-Kaufzyklen und Messbarkeit nicht 100 % möglich ist. Aufgrund der erschwerten Beweisführung und Reporting-Möglichkeiten hat es das Marketing daher nicht immer leicht, eine führende, umsatzbeeinflussende Rolle mit entsprechender Anerkennung zu erhalten.
Nach wie vor ist die vorherrschende Meinung, dass der Vertrieb für den Umsatz gesorgt hat, da er den direkten Kundenkontakt und Abschluss erbracht hat.
Brandbeschleuniger für Konflikte und Rivalitäten in dieser Diskussion sind dann auch die erfolgsbasierten Gehaltsbestandteile des Vertriebs.
Aber sind wir mal ehrlich: Wer ist freiwillig bereit, einen signifikanten Teil seines Einkommens in Frage zu stellen bzw. die eigene Leistung und persönliche Umsatzrelevanz zu schmälern?
Wie du siehst, liegt ein Großteil der Uneinigkeit zwischen Marketing und Vertrieb in der Erfahrung, im Mindset und in der Führungskultur begründet und ist nur durch klare Kommunikation, einen Paradigmenwechsel und die Bereitschaft zur Veränderung lösbar.
Dieser Veränderungsprozess liegt somit maßgeblich in deinem Verantwortungsbereich – also dem von B2B-Entscheidern.
Bringt man das Ergebnis einer schlecht synchronisierten Marketing- und Vertriebsarbeit auf den Punkt, so ergibt sich in Summe:
- verschwendete Zeit und Ressourcen
- verpasste Umsatzchancen
Zu Lasten von Missmut und internem Zwist.
Marketing als Lead-Gen-Wunderwaffe für den Vertrieb
Aber was sind nun typische Reaktionen von B2B-Entscheidern, die dieses Problem erkannt haben?
In den meisten Fällen wird die schlechte Umsatzsituation auf eine schlechte, marketinggetriebene Pipeline zurückgeführt.
Das Marketing liefert also nicht.
Als Gegenmaßnahme wird häufig dann entweder der Marketingleiter durch einen vertriebsorientierten Manager – manchmal einen CRO oder einen Chief Growth Officer – ersetzt.
Häufig ist es bei solch einer Besetzung so, dass der neue Verantwortliche zahlengetriebene, performance-orientierte Maßnahmen treibt und marketingstrategische Maßnahmen häufiger auf der Strecke bleiben.
Jetzt fragst du dich vielleicht: Warum soll das wichtig sein?
Und das verrate ich dir später.
Gehen wir zunächst mal ein paar typische Szenarien durch, die ein neuer vertriebsorientierter Abteilungsleiter so umsetzen würde:
- Die Marketingabteilung wird zu einer reinen Performance-Marketing-Abteilung mit dem Ziel der Maximierung der Lead-Anzahl umfunktioniert. Der Fokus liegt deshalb auf Performance-Kanälen, da mit den entsprechenden Trackingmöglichkeiten und Attribution direkte Leistungsbeweise und Benchmarks geschaffen werden, anhand derer die Marketingprogramme ausgesteuert werden können.
- Alle Maßnahmen werden auf die kurzfristige Lead-Maximierung ausgelegt. So wird z. B. Content per se gegated, um Leads zu generieren. Landingpages mit oberflächlichen Informationen ausgestattet, um weitere Informationen über den direkten Vertriebskontakt zu liefern. Hunderte von SEO-Seiten werden mit minderwertigem Content zu den beliebtesten transaktionalen Suchbegriffen gepublisht und das eigene Produkt zum Kauf beworben.
- Die generierten Kontakte werden als „Marketing Qualified Leads“ (MQL) markiert und an den Vertrieb weitergeleitet.
Der Vorteil dieses Set-ups ist: Marketing hat nun einen klaren Auftrag, arbeitet leistungsorientiert, zahlengetrieben und optimiert seine Programme hinsichtlich maximaler Lead-Generierung und MQL zur Übergabe an den Vertrieb.
Was aber auch entsteht, ist: Quantität vor Qualität.
Aber in aller Konsequenz ist es doch so, dass sich am eigentlichen Set-up bzw. den Problemen, die sich zwischen Marketing und Vertrieb ergeben, nichts verändert hat – außer dass das Marketing nun Leads wie am Fließband produziert und an den Vertrieb liefert.
Der Silo-Gedanke mit all seinen Konfliktpotenzialen und die Probleme hinsichtlich der Qualität und Konvertierungschancen werden durch diesen Ansatz nicht aufgebrochen.
Darüber hinaus werden sogar markenstrategische und nachfrageaufbauende Initiativen, die insbesondere in stark umkämpften Märkten wichtig sind, nicht berücksichtigt und fallen für den kurzfristigen Lead-Erfolg oft unter den Tisch.
Langfristig kann das aber zu echten Problemen und der Wahrnehmung deiner Marke im Markt führen.
Grundlegende Voraussetzungen für ein erfolgreiches Marketing Sales Alignment
Aber wie gehst du nun das Problem richtig an, dass deine Marktbearbeitung harmonisiert wird und eine Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb die größten Früchte trägt?
Bevor du nun loslegst, solltest du dir zunächst ein paar strategische Fragen beantworten. Es kommen bestimmt noch weitere Fragen auf, aber hier mal ein paar erste Themen:
- Können traditionelle Vertriebsstrukturen und Machtverhältnisse in deinem Unternehmen aufgebrochen werden?
- Kann Marketing als gleichberechtigter Partner an den Verhandlungstisch?
- Gibt es Veränderungsbereitschaft und kannst du dir ein Commitment von Marketing und Vertrieb zur gemeinsamen Zusammenarbeit einholen?
- Sind die aktuellen Risiken und zukünftigen Chancen einer gemeinsamen abteilungsübergreifenden Zusammenarbeit bekannt?
- Welche Rolle soll das Marketing in Zukunft spielen?
- Besitzt das Marketing das nötige Mindset, Know-how und auch die Ressourcen und kann es auf Augenhöhe mit dem Vertrieb kommunizieren?
- Ist der Vertrieb in der Lage, Entscheidungen mit strategischer Tiefe zu treffen und diese auch konsequent umzusetzen und nachzuhalten?
- Sind Marketing und Vertrieb bereit, gemeinsam die Verantwortung für die Pipeline und den Umsatz zu übernehmen?
- Machen variable Gehaltsbestandteile in alter Ausprägung unter einer neuen Struktur überhaupt noch Sinn?
- Bist du bereit, in digitales Marketing zu investieren? Sei es mit Zeit, Know-how oder Budget.
- Bist du in der Lage, diese Transformation inhaltlich effektiv zu steuern?
Sind diese Fragen geklärt, gehe in den Dialog mit deinem Marketing- und Vertriebsteam.
Im gemeinsamen Austausch sollten folgende Punkte direkt geklärt werden, um Klarheit und Transparenz zu erzielen. Wichtig ist, dass beide Parteien verstehen, dass der Vertrieb das Marketing nicht ersetzen kann und umgekehrt.
Marketing und Vertrieb sollen zusammen ein funktionsübergreifendes Go-To-Market-Team mit einem gemeinsamen Ziel, aber unterschiedlichem Aufgabenfokus, formen.
Marketing verantwortet die Bekanntmachung der Marke, generiert Nachfrage bei den idealen Kunden und schafft ein Kaufinteresse durch abgestimmte, thematisch hochwertige, informative Inhalte im Rahmen der Käufer-Journey. Der Vertrieb hingegen aktiviert den Zielkunden, pflegt den persönlichen Kontakt, überzeugt mit Fach- und Expertenwissen und stärkt die Kundenbeziehung.
Strategische Vereinbarung in der Zusammenarbeit von Marketing und Vertrieb
Als Grundlage für die Zusammenarbeit müssen beide Parteien folgende strategische Punkte abstimmen und vereinbaren. Es ist wichtig, dass an dieser Stelle von allen Parteien akzeptiert wird, dass dies keine wöchentlich neu verhandelbaren Punkte sind, sondern eine strategische Ausrichtung, die beschlossen wurde.
Dazu gehört:
- Wer ist überhaupt der ideale Kunde und anhand welcher Kriterien leitet man Qualität ab? Also, es sollte nun verstanden sein, dass es hier nicht um eine „Wünsch-dir-was-Liste“ à la „Apple“ oder „Tesla“ geht, sondern um eine sachliche Analyse der Bestandskunden und der Konkretisierung eines echten idealen Kundenprofils, mit dem gearbeitet wird und anhand dessen die Qualität der Leads zukünftig bewertet wird.
- Wie ist der Wettbewerb positioniert und wie schaffe ich eine klare Differenzierung in meiner Marktbearbeitung?
- Wie gestaltet sich eine optimale User Experience im Rahmen der Buyer-Journey und welche Inhalte benötigt der ideale Kunde wann, um ein Kaufinteresse zu entwickeln und eine Kaufentscheidung zu treffen?
- Was sind die Anforderungen an die Qualität der Publikationen?
- Was sind die Ziele, die aktuellen KPIs zur Bewertung des Status Quo und können diese als zukünftige Benchmarks dienen?
- Welche Tools unterstützen bei der gemeinsamen Marktbearbeitung und welche liefern notwendige Reports über den Kunden und das Ergebnis?
- Welche Tools gewährleisten einen optimalen Verlauf der Kundenreise (Stichwort: Marketing-Automatisierung und Personalisierung)?
- Wie wird ein fließender Transfer der potentiellen Kunden von Marketing an den Vertrieb gewährleistet (Stichwort: CRM)?
Marketing & Sales Alignment Framework: So gehst du vor
Ich möchte dir nun zwei Ansätze an die Hand geben, mit denen du die Zusammenarbeit offiziell starten und konkret fördern kannst.
Fühle dich frei in der weiteren Ausgestaltung. Alles, was dazu beiträgt, die Kommunikation und Veränderungsbereitschaft im Team zu stärken, das Ziel verfolgt, Transparenz und Klarheit zu forcieren, Motivation und Begeisterung zu schaffen, ist ausnahmslos erwünscht.
Der Soft-Launch-Ansatz: Sanfte Integration beider Teams
Der erste Ansatz, den ich dir vorstellen möchte, wäre die bevorzugte Vorgehensweise, bei der die Marketing- und Vertriebs-Mitarbeiter in einem „Soft-Launch“ langsam aufeinander eingestimmt werden sollen. Das macht insbesondere Sinn, wenn sich Marketing und Vertrieb in ihren neuen Rollen als integriertes Go-To-Market-Team erst finden müssen.
Stelle sicher, dass die gemeinsam verbrachte Meeting-Zeit stressfrei genutzt werden kann. D.h. keine relevanten Verkaufsgespräche, Meetings oder Deadlines anstehen. Der freie Meinungsaustausch, Vertrauensaufbau und die Aufhebung von Bedenken stehen dieser Variante zunächst im Vordergrund. Bei Bedarf sollten gerade die ersten Meetings moderiert werden, um Konfliktpotenziale zu lösen.
Optimale Voraussetzung für dieses Meeting wäre, wenn Marketing in den generellen Sales-Prozess eingeweiht wurde und Vertrieb in den relevanten Tools (z.B. CRM und Reporting) geschult worden ist.
In einem ersten Abstimmungsworkshop tauschen sich Marketing und Vertrieb über die anstehenden Initiativen und Kampagnen, die Quartalsplanung, die KPIs, die Lead-Qualität anhand konkreter Beispiele sowie über die Marketing-Materialien und Publikationen aus.
Gemeinsam wird weiterhin die Pipeline, die Learnings für gewonnene und verlorene Deals und die generierten Umsätze besprochen sowie anstehende Quartalsziele vorgestellt und gemeinsam festgehalten. Es muss an dieser Stelle deutlich werden, dass Marketing und Sales gemeinsam für die Pipeline und deren Umsatzergebnis verantwortlich sind.
Es wird von allen Parteien Feedback eingeholt und die geplanten Initiativen für das anstehende Quartal inhaltlich besprochen und synchronisiert. Zu empfehlen ist, den Quartalsplan in einem für jedermann zugänglichen Dokument oder einem Kalender festzuhalten.
So könnte z.B. die anstehende Social-Media-Kampagne zum zukünftigen Webinar, die gemeinsamen Postings, die Webinar-Präsentation und Follow-Up-Kampagne, die damit verbundenen Lead-Gen-Ziele, inhaltlich besprochen und geplant werden.
An dieser Stelle ist zu erwähnen, dass der Austausch nicht über starke persönliche Meinungen, Befindlichkeiten oder Bauchgefühle geführt wird, sondern vielmehr ein objektives und konstruktives Feedback der Arbeit und Ergebnisse geteilt wird.
Es muss daher möglich sein, dass Marketing und Sales sich offen über die Herausforderungen und Chancen austauschen, ohne dass Kritik laut wird, sondern um Sichtweisen und Vorstellungen zu reflektieren und um sinnvolle Impulse in die eigene Arbeit einfließen lassen zu können.
Im Umkehrschluss muss allerdings auch klar sein, dass die jeweilige finale Entscheidungskompetenz in der Fachabteilung zu liegen hat und dass Entscheidungen akzeptiert werden und entsprechende Ergebnisse zu einem späteren Zeitpunkt besprochen werden.
Im wöchentlichen Abstimmungsmeeting, in dem auch die Retrospektive – also der überprüfende Rückblick – stattfindet, wird besprochen, was gut gelaufen ist und was zu optimieren ist, um die Erkenntnisse in die nächste Quartalsplanung einfließen zu lassen.
Hier noch ein wichtiger Hinweis: Suche auf jeden Fall immer aktiv nach kleinen Erfolgen und teile diese mit dem Team sofort, um die Motivation hochzuhalten, und versuche, von Meeting zu Meeting die Abstimmung über weitere Initiativen auszudehnen.
Das strategische Pilotprojekt: Dein Blueprint für Erfolg
Wenn du beim Soft-Launch eher schrittweise vorgehst, um die involvierten Personen langsam an den neuen Arbeitsprozess einzuführen, verfolgst du nun in der ausgebauten Variante ein konkretes „Pilot-Projekt“.
Die Paradigmen hinsichtlich Umsatz-Verantwortung, Zusammenarbeit auf Augenhöhe etc. gelten analog zu denen, die im Soft-Launch bereits vorgestellt wurden.
Im Idealfall ist die Projektleitung nun aus Vertriebs- und Marketingverantwortlichen zusammengesetzt. Des Weiteren sollten motivierte Fachspezialisten, die für die Umsetzung des Projektes verantwortlich sein könnten und an das Projekt glauben, in das Team involviert werden.
Im Optimalfall werden die Spezialisten für die Bearbeitung des Projekts ganz oder teilweise freigestellt. Denn der Erfolg des Projekts ist absolut unternehmensrelevant und dient als richtungsweisende Blaupause für die zukünftige Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb.
Es ist denkbar, dass du dir für die Umsetzung des Pilot-Projektes einen definierten Zielmarkt, ein spezielles Kundensegment oder ein Produkt aussuchst. Der Vorteil wäre an dieser Stelle, einen Marktbearbeitungstest zunächst auf Bereiche zu beschränken, bei denen der größte Hebel vorhanden ist oder um einfach ein entsprechendes Risiko-Management zu betreiben.
Sales Velocity als effektives Steuerungsinstrument
Führe zunächst eine Bestandskunden-Analyse durch und ermittle für unternehmensrelevante Kundensegmente deine „Sales Velocity“. Also deine Vertriebsgeschwindigkeit, gemessen am Tagesumsatz.
Grundsätzlich gilt: Je höher die Sales Velocity, desto besser.
Die Sales Velocity wird nun über einen definierten Zeitraum, z.B. ein Quartal, unter Berücksichtigung folgender vier Faktoren der Pipeline berechnet:
Anzahl Leads
(X)
Durchschnittliche Umsatzgröße
(X)
Durchschnittliche Abschlussrate
(./.)
Durchschnittliche Dauer des gesamten Verkaufsprozesses

Einer der großen Vorteile dieser Methode ist, dass die Sales Velocity durch Einbeziehung dieser vier beeinflussenden Parameter es erleichtert, die Schwachstellen schnell zu erkennen und Anhaltspunkte für Optimierungen zu erarbeiten.
Im nächsten Schritt bewertet das Go-To-Market-Team, ob und warum einzelne Leistungskriterien der Sales Velocity gut oder schlecht sind und was die beeinflussenden Faktoren für die jeweilige Ausprägung sind.
Ausgerichtet am Umsatzziel kann nun unter der Berücksichtigung der einzelnen Stellschrauben (also Anzahl Leads, durchschnittlicher Umsatz, Abschlussquote und Abschlusszeitraum) besprochen werden, auf welche Faktoren man sich zukünftig konzentrieren möchte und was konkret verbessert werden muss.
Soll die Abschlussquote verbessert werden oder eher der durchschnittliche Umsatz?
Aber Achtung: Ambitionierte Entscheider sind geneigt, den Anspruch zu stellen, gleich alle vier Faktoren zu verbessern, denn wenn wir schon mal dabei sind „Viel bringt bekanntlich viel“. Aber so geht das leider nicht.
Vergiss bitte nicht, dass Erfolge das Marketing- und Vertriebs-Alignment stärken und du möchtest doch niemanden direkt am Anfang demoralisieren. Und die Realität ist – auch wenn der eine oder andere das manchmal anders sieht – nicht so, wie man sich das sofort wünscht.
So lassen sich z.B. die Dauer des Verkaufsprozesses nicht beschleunigen, da sie z.B. abhängig von der öffentlichen Hand und Ausschreibungsverfahren ist oder beträchtliche Investitionsentscheidungen beim Kunden häufig einfach länger dauern.
Auch sind z.B. Ressourcen, Budget oder Fähigkeiten im Team selbst begrenzende Faktoren.
Wichtig ist, dass alle relevanten Parameter der Sales Velocity betrachtet werden und gemeinsam eine bewusste Entscheidung über den größten Umsatzhebel getroffen wird und man diese aktiv bearbeitet.
Unter dieser Perspektive erarbeitet das Team eine optimierte Marktbearbeitungsstrategie, konkretisiert, wer der ideale Kunde ist und erstellt entsprechende Buyer Personas, um zu verstehen, wie der optimale Kunde wirklich tickt.
Mit dem Zielkunden im Hinterkopf wird der stärkste Wettbewerber analysiert und eine klare Differenzierungsstrategie erarbeitet.
Die Marketing- und Vertriebs-Materialien, Broschüren und Präsentationen werden daraufhin überprüft, ob diese z.B. in der Botschaft, im Angebot, im Inhalt und den Informationen optimal auf den Zielkunden ausgerichtet sind.
Das Go-To-Market-Team überprüft gemeinsam die Buyer Journey, die Nurturing-Kampagnen und deren Inhalte, die Automatisierungen und Trigger, die Kaufsignale und das Scoring und passt diese auf Basis der Erkenntnisse und Ziele an.
Neue Vertriebstaktiken in Playbooks verankern
Mit Hilfe der Sales Velocity bzw. den beeinflussenden Faktoren können nun verschiedene Vertriebstaktiken erarbeitet werden, um die Umsatzziele zu erreichen. Es ist wichtig, dass die erarbeiteten Arbeitspakete und Vorgehensweise in einem gemeinsamen Playbook festgehalten werden.

Das Playbook erfüllt zum einen den Dienst, einen konkreten abgestimmten Maßnahmen-Leitfaden zu liefern, an den es sich zu halten gilt. Rückblickend kann das Playbook dann auch neu bewertet und optimiert werden und vor allem als Vorlage für die Skalierung auf andere Geschäftsbereiche dienen, um schnell den Markt bearbeiten zu können.
Aber welche Vertriebstaktiken ergeben sich nun aus den Schwachstellen der Sales Velocity, die sich auf die Wachstumsziele auswirken?
Zum Beispiel:
- Der durchschnittliche Umsatz pro Kunden / also der Customer Lifetime Value ist zu gering, es ergeben sich durch das große Produktportfolio Upsell- und Cross-Potenziale. Die Vertriebstaktik wäre die Bestandskunden-Expansion.
- Die aktuelle Anzahl an qualifizierten Leads innerhalb der Pipeline liefert genügend Umsatzpotenzial. Durch ein besseres Sales Enablement soll die Abschlussgeschwindigkeit beim Kunden erhöht oder mehr Leads zu besseren Sales Opportunities entwickelt werden. Die Vertriebstaktik wäre die verbesserte Ausbeute vorhandener Pipeline-Potenziale.
- Die Pipeline ist nahezu ausgetrocknet und es ergeben sich keine kaufinteressierten Leads. Dies wäre wohl die herausforderndste und umfangreichste Aufgabe, denn das Go-To-Market-Team muss sich eine Vielzahl an Fragen beantworten und Initiativen entwickeln, die die zukünftige Pipeline wieder füllt.
Wie erreiche ich den idealen Kunden mit welchen Inhalten, welche Kanäle sollen genutzt werden, können Listen erstellt und abgearbeitet werden, wie kann ich Aufmerksamkeit für mein Angebot wecken, mit welchen Inhalten und Messaging kann eine konkrete Nachfrage generiert werden, wie ist die Lead-Nurturing-Strategie, wie ist das Scoring, mit welchen Inhalten soll die Buyer-Journey bespielt werden usw. usw.
Wichtig wäre, dass jedes Programm ein eigenes Playbook erhält.
Abschließend sei gesagt, dass in regulären Meetings, das kann als tägliches kurzes Standup und/oder ein wöchentliches Update-Meeting sein, der Fortschritt, die Pipeline und das Umsatz-Ergebnis sowie die Taktik besprochen und, sofern notwendig, angepasst werden.
Fazit: Alte Zöpfe ab. Marketing & Vertrieb gemeinsam als Umsatztreiber etablieren
Wer Kundenzentrierung wirklich lebt, stimmt sein Marketing und seine Vertriebs-Mannschaft optimal aufeinander ab. Alles andere kostet dich Umsatz und Wachstum.
Es ist allerdings kein leichtes Unterfangen, denn historisch eingefahrene Strukturen, Praktiken und Narrative müssen aufgebrochen werden. Das stellt viele B2B-Entscheider vor enorme Herausforderungen, diesen Veränderungsprozess im Unternehmen anzustoßen und nachzuhalten.
Doch neben den immensen Umsatzpotenzialen, die mit einer Marketing- und Vertriebssynchronisierung und der gemeinsamen Marktbearbeitung entstehen, ergibt sich als Nebenprodukt eine klare Zielausrichtung, abgestimmte Prozesse, eine bessere Kommunikation, weniger Frustration in der Belegschaft und eine echte Leistungsfähigkeit des Unternehmens, die zu einem Wettbewerbsvorteil führt.


